Doppelmoral




Die Grünen sind in der Opposition, das ist soweit richtig und auch angekommen. Da gehört diese Partei auch hin. Doch was auch richtig ist: Unter der rot-grünen Bundesregierung von Gerhard Schröder (SPD) und Joschka Fischer (B90/Die Grünen) nahmen die Waffenexporte drastisch zu. Die grüne Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger versucht diese Tatsachen zu verwischen. In einem Gespräch mit dem Nachrichtensender n-tv gibt die grüne Politikerin an, dass die SPD ihre Wahlversprechen schnell über Bord geworfen habe. Zu diesen Wahlversprechen gehörte ohne Zweifel auch, die Ausfuhren von Rüstungsgüter besonders in Drittstaaten, die nicht der EU angehören, strenger zu kontrollieren und dabei auf Menschenrechte zu achten.

Doch dieser Gesichtspunkt interessiert nicht erst seit Schwarz-Rot und Schwarz-Gelb nicht mehr. Ob Menschenrechte in einem Land eingehalten werden, in das deutsche Waffen exportiert werden, tangierte schon die Grünen nicht, da hätten sie die Möglichkeit gehabt, etwas daran zu verändern. 1999, als die rot-grüne Bundesregierung um Gerhard Schröder und Joschka Fischer bereits ein Jahr im Amt war, nahmen die Exporte von Rüstungsgüter rasant zu – in einem Ausmaß, das man selbst unter Helmut Kohl (CDU) nicht kannte.

Wie aus einem älteren Bericht von SPIEGEL Online hervorgeht, waren die deutschen Rüstungsausfuhren 1999 auf rund 5,9 Milliarden DM (umgerechnet etwa 2,8 Milliarden Euro) gestiegen. Größter Nutznießer deutscher Rüstungsgüter war das NATO-Mitglied Türkei, das sich schon 1999 diversen Menschenrechtsverletzungen gegenüber sah (ein Phänomen also, das nicht erst in den letzten Jahren aufgekommen ist). Für umgerechnet 900 Millionen Euro wurden deutsche Rüstungsgüter nach Ankara geschickt.

Auch Israel oder die Vereinten Arabischen Emirate waren unter Rot-Grün gern gesehene Kunden. In die zuletzt genannte Diktatur exportierte Deutschland im Jahr 1999 unter der Gutmenschen-Regierung Rüstungsgüter im Wert von umgerechnet 172 Millionen Euro. Mit Israel schloss Rot-Grün sogar ein viel größeres Rüstungsgeschäft ab, das die Auslieferung von mit Atomsprengköpfen bestückbaren U-Booten der Dolphin-Klasse beinhaltete – großzügig subventioniert vom deutschen Steuerzahler und das obwohl sich die israelische Regierung oftmals alles andere als „menschenrechtskonform“ gegenüber der palästinenischen Bevölkerung verhält. Kostenpunkt: Eine Milliarde Euro, wovon etwa 300 Millionen vom deutschen Staat – also dem Steuerzahler – beglichen wird.

Dieses Rüstungsgeschäft wickelte die rot-grüne Bundesregierung übrigens sehr kurzfristig und in aller Eile ab – nämlich einen Tag vor dessen Abtretung durch die Wahl von Angela Merkel (CDU) zur Bundeskanzlerin. Freilich hätte auch Merkel ähnliche Rüstungsgeschäfte mit Isarel genehmigt, schließlich gehört ein gutes Verhältnis dorthin bedingungslos zu unserer „Staatsräson“ – allerdings brauchen sich Grüne wie Agnieszka Brugger, auch wenn sie zum Zeitpunkt grüner Regierungsverantwortung noch im Strampler saßen, nicht in Unschuld wiegen. Ihre Mannschaft hatte in den Jahren 1999 bis 2005 die Möglichkeit, etwas zu verändern. Taten sie aber nicht. Und das trifft nicht nur auf das Jahr 1999 zu, sondern bis zur letzten Sekunde ihres Wirkens 2005.

Unser Grüner Reporter meint: Es ist schwer, als Oppositionspartei Veränderungen zu fordern, wenn man als Regierungspartei unfähig war, selbige herbeizuführen. Das ist extrem unglaubwürdig – vor allem aber: Es schreit nach Doppelmoral! Aber was soll’s: Im Angesicht mit der Macht wird halt eben auch so mancher Grüner schwach. Schließlich ist man da gut versorgt.

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